FAQ
Häufig gestellte Fragen
Wann bin ich durch einen Pressebericht überhaupt erkennbar/identifizierbar dargestellt?
Einführung: Erkennbarkeit/Identifizierbarkeit
Geht es bei einer presserechtlichen Auseinandersetzung um die Frage der Zulässigkeit der Veröffentlichung eines Fotos vom Betroffenen, welches gegen dessen Willen abgedruckt wurde, wird von den Medien nicht selten eingewandt, dass der Betroffene auf dem Foto nicht erkennbar sei.
Eine vergleichbare Argumentation erfolgt häufig dann, wenn bestimmte Lebensumstände eines Betroffenen geschildert werden, wie z. B. seine mögliche Beteiligung an einer Straftat. Auch in diesem Fall wenden Medien regelmäßig ein, der Betroffene könne aufgrund der Berichterstattung überhaupt nicht identifiziert werden.
Problemstellung: Wann also ist jemand erkennbar bzw. identifizierbar dargestellt?
Die Frage, ob ein Betroffener erkennbar bzw. identifizierbar dargestellt wurde ist von maßgeblicher Bedeutung. Wenn diese Voraussetzung nämlich nicht vorliegen, ist der Anspruchsteller von einer Berichterstattung im Rechtssinne nicht betroffen und kann keine presserechtlichen Unterlassungs- oder Schadensersatzansprüche geltend machen.
Es fehlt ihm dann die sog. Passivlegitimation. Daher soll im Folgenden der Frage nachgegangen werden, unter welchen Voraussetzungen die Rechtsprechung von der Erkennbarkeit eines Betroffenen bzw. davon ausgeht, dass er in einer Berichterstattung identifizierbar dargestellt wurde.
1.
Einfach ist die Sachlage, wenn ein gestochen scharfes Foto abgedruckt wird auf dem die Gesichtszüge des Betroffenen deutlich zu erkennen sind. Dann ist er ohne Zweifel „erkennbar“ dargestellt. Desgleichen gilt, wenn der Name des Betroffenen genannt wird. Dann ist er deutlich zu identifizieren.
2.
Doch häufig sind die Fälle nicht so eindeutig. Ein Betroffener ist nur von hinten zu sehen, Haare verdecken das Gesicht, ein Augenbalken wird aufgebracht oder das Gesicht verpixelt. Und wie ist er Fall zu bewerten, wenn Jahrzehnte alte Kinderfotos veröffentlicht werden? Ist die Identifizierbarkeit auszuschließen, wenn der Name des Betroffenen überhaupt nicht genannt oder zumindest initialisiert wird?
Mit Hinweis darauf, dass derartige „redaktionelle Schutzmaßnahmen“ ergriffen wurden versuchen Medienvertreter die Gerichte immer wieder zu überzeugen, dass ein Anspruchsteller überhaupt nicht zu erkennen oder eben nicht zu identifizieren sei.
a)
Zunächst ist festzustellen, dass es vollkommen unerheblich ist, ob der Betroffene aufgrund der Veröffentlichung des Bildnisses tatsächlich und konkret erkannt wurde. Das Recht am eigenen Bild ist bereits dann verletzt, wenn der Abgebildete begründeten Anlass hat, er könnte als abgebildet identifiziert werden (vgl. LG Frankfurt vom 17.04.2019, Az. 2-03 O 118/18). § 22 KUG bezweckt nämlich den Schutz, gegen seinen Willen in Gestalt einer Abbildung für andere verfügbar gemacht zu werden.
Es ist insofern nicht erforderlich, dass schon der flüchtige Betrachter den Abgebildeten auf dem Bild sofort erkennen kann.
Ausreichend ist es wenn die begründete Gefahr besteht, durch den eigenen Bekanntenkreis erkannt werden zu können (OLG Frankfurt, NJW-RR 2016, 1381 Rn.55) bzw. wenn der Abgebildete durch Verwandte erkannt werden (LG Frankfurt vom 17.04.2019, Az. 2-03 O 118/18). In einem Verfahren, welches wir vor dem LG Frankfurt geführt haben, wird durch das Gericht ausgeführt:
„Es kommt insoweit nicht darauf an, ob alle oder ein erheblicher Teil der Leser oder gar der Durchschnittsleser die genannte Person identifizieren können. Vielmehr reicht die Erkennbarkeit im Bekanntenkreis aus. (LG Frankfurt v. 22.02.2018, Az. 2-03 O 39/18)
b)
Diese Voraussetzung kann bereits dann erfüllt sein, „wenn der Abgebildete – mag auch sein Gesicht kaum oder gar nicht zu erkennen sein – durch Merkmale, die sich aus dem Bild ergeben und die gerade ihm eigen sind, erkennbar ist oder seine Person durch den beigegebenen Text oder durch den Zusammenhang mit früheren Veröffentlichungen erkannt werden kann (LG Frankfurt, AfP 2007, 378).
Insofern kann sich die Erkennbarkeit aus der Kleidung des Abgebildeten, seiner Haltung, der Frisur oder auch aus anderen Umständen ergeben, die auf dem Foto zu erkennen sind. So z. B. aus einem ebenfalls abgebildeten Wohnhaus oder Ferienort, einem Auto, Motorrad oder Fahrrad u.dgl. Die Erkennbarkeit alter Kinderfotos erschließt sich regelmäßig der eigenen Familie und den Verwandten, wie auch Freunden und Klassenkameraden.
Die gleichen Grundsätze finden Anwendung, wenn es nicht um die Veröffentlichung von Fotos geht sondern um die Frage, ob ein Betroffener aufgrund der Textberichterstattung identifizierbar dargestellt und seine Anonymität aufgehoben wurde.
Dies spielt gerade dann eine bedeutende Rolle, wenn Medien über einen unbewiesenen Verdacht oder über ein Gerichtsverfahren berichten. Hier hat der Betroffene, gerade weil die Verdachtslage unbewiesen ist, regelmäßig ein vitales Interesse daran, nicht aus der Anonymität herauszutreten.
Die Medien nennen in solchen Fällen in der Regel zwar nicht den Namen des Betroffenen. Sie setzen dann aber dennoch alles daran, derart viele Details zu schildern, die hinreichend klare Rückschlüsse auf die Person des Betroffenen zulassen. Auch in diesen Fällen ist auf die Erkennbarkeit in einem mehr oder minder großen Bekanntenkreis bzw. in der näheren persönlichen Umgebung abzustellen.
Das LG Frankfurt hatte sich kürzlich mit einer Berichterstattung zu befassen, worin einem Dozenten der Goethe Universität vorgeworfen wurde, eine Studentin sexuell bedrängt zu haben. Die Zeitung hatte zwar den Namen des Dozenten nicht genannt. Sie hatte aber solche Umstände mitgeteilt, die es dem privaten und beruflichen Bekanntenkreis unseres dortigen Mandanten, ohne weiteres ermöglicht hat, diesen als denjenigen auszumachen, gegen den diese Vorwürfe erhoben wurden.
Zu diesen Informationen gehörte z. B. die Schilderungen zu seinem Lehrkonzept der Hinweis, dass unser Mandant den Seminarteilnehmern das „Du“ angeboten hat und Kneipenabende organisierte.
Es wurde der Fachbereich genannt und der Zeitpunkt und das Ziel einer Exkursion nach Asien. Ferner wurden Umstände zur Reise und der Situation der Unterbringung geschildert. Obwohl an er Universität in Frankfurt zahlreiche Dozenten unterrichten, zahlreiche Exkursionen angeboten werden und Dozenten den Studenten nicht selten das Du anbieten, ist das Landgericht unserer Argumentation gefolgt, und hat deutlich gemacht, dass unser Mandant identifizierend dargestellt wurde:
„Darüber hinaus enthält die Berichterstattung ausreichende Informationen, um den Kläger auch in den Augen der Professoren, wissenschaftlichen Mitarbeitern und Studierenden desselben Fachbereichs an der Goethe Universität Frankfurt am Main erkennbar zu machen“ (LG Frankfurt v. 22.02.2018 Az. 2-03 O 39(18).
Fazit
Die Frage, ob der Anspruchsteller auf einem Foto erkennbar oder aufgrund mitgeteilter Lebensumstände identifizierbar dargestellt wurde, ist von wesentlicher Bedeutung für die Möglichkeit der Durchsetzung äußerungsrechtlicher Ansprüche. Entscheidend ist, ob angenommen werden kann, dass der Anspruchsteller auf dem streitgegenständlichen Foto erkennbar bzw. in einem Wortbericht identifizierbar dargestellt wurde.
Dies zu beurteilen ist mitunter durchaus problematisch, da die Medien generell versuchen, den Eindruck zu erwecken, als sei einer möglichen Erkennbarkeit/Identifizierbarkeit durch bestimmte redaktionelle Maßnahmen begegnet worden.
Wenn Sie hierzu Fragen haben, schicken zu uns den Beitrag/Link gerne zu. Damm|Rechtsanwälte überprüft schnell, kostenfrei und unverbindlich, ob Sie durch ein Foto erkennbar bzw. durch einen Textbeitrag identifizierend dargestellt wurden.
Zustellung der einstweiligen Verfügung
Im Presserecht wie auch im gewerblichen Rechtsschutz beginnen streitige Auseinandersetzung häufig durch ein außergerichtliches Abmahnverfahren, womit der Anspruchsteller die Unterlassung einer bestimmten Darstellung (Presserecht) oder die Unterlassung einer bestimmten Handlung (Wettbewerbsrecht) fordert. Lehnt der Anspruchsteller dies selbst oder vertreten durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt ab, so beantragt der Anspruchsteller häufig den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Liegt diese vor, so muss die Verfügung zu ihrer Wirksamkeit an den Gegner zugestellt werden (§§ 922 Abs. 2, 936 ZPO). Anders als in einem normalen Zivilprozess, wo gerichtliche Entscheidung den Parteien durch die Gerichte förmlich zugestellt werden, muss in einem Verfügungsverfahren der Antragsteller die Zustellung im Parteibetrieb bewirken.
In der Praxis stellt sich in diesem Zusammenhang nicht selten die Frage, an wen die Verfügung konkret zuzustellen ist. Hat sich im außergerichtlichen Abmahnverfahren lediglich der Anspruchsgegner gemeldet und die Abgabe der geforderten Unterlassungserklärung abgelehnt, so ist dies einfach. In diesem Fall ist zur Wirksamkeit der Verfügung an den Anspruchsgegner direkt zuzustellen. Problematischer wird es allerdings, wenn sich ein Anwalt bestellt hat. In diesem Fall ist die Verfügung zu ihrer Wirksamkeit unmittelbar an diesen zuzustellen (§ 172 Abs. 1 S.1 ZPO). Erfolgt in einem solchen Fall die Zustellung an den Antragsgegner, hätte dies nach ständiger Rechtsprechung (u. a. BGH NJW-RR 2011, 997, 998) die Unwirksamkeit zur Folge.
Insofern ist die Frage, an wen zugestellt werden muss, von großer Relevanz. Das Landgericht Frankfurt hat sich in einem von Rechtsanwalt Felix Damm betreuten presserechtlichen Verfahren mit dieser Frage befasst. Die Anspruchsgegnerin hatte im Prozess eingewandt, die Zustellung der Verfügung hätte an den Bevollmächtigten erfolgen müssen (§ 172 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), denn schließlich habe er sich auf die Abmahnung hin als Bevollmächtigter der Anspruchsgegnerin bestellt. In diesem Zusammenhang stützte er sich auf die Ausführung:
„Wir zeigen an, dass wir die […] GmbH anwaltlich vertreten. Ordnungsgemäße Bevollmächtigung versichern wir.“
Das Landgericht Frankfurt hat diese Einwendung eine Absage erteilt und unter Bezugnahme auf zahlreiche Fundstellen der Rechtsprechung ausgeführt, dass der Vertretungsanzeige, die auf eine außergerichtliche Abmahnung hin erfolgt ist, keine Bestellung als Prozessbevollmächtigter zu entnehmen ist:
„Aus einer Vollmacht für die außergerichtliche Vertretung einer Partei folgt nicht ohne Weiteres eine Prozessvollmacht. Die außergerichtliche Vertretung und die Prozessvertretung betreffen schließlich zwei unterschiedliche Abschnitte einer Rechtsstreitigkeit. […] Der Antragsteller muss bei der Zustellung einer einstweiligen Verfügung aber Rechtssicherheit haben. Diese Zustellung ist schließlich Voraussetzung für ihre Wirksamkeit. Prinzipiell muss nach §§ 922 Abs. 2, 936 ZPO deshalb eine Zustellung an den Antragsgegner persönlich erfolgen. Hat diese bereits einen Rechtsanwalt zur Prozessvertretung in einem möglichen späteren Gerichtsverfahren bevollmächtigt, müssen er oder der Anwalt dies dem Antragsteller im Rahmen des außergerichtlichen Schriftverkehrs zweifelsfrei mitteilen. Diese Anforderungen erfüllt die bloße Anzeige der anwaltlichen Vertretung und Bevollmächtigung im Schreiben des Beklagtenvertreters nicht“.
Die Zustellung unmittelbar an den Antragsgegner persönlich war in diesem Fall insofern wirksam.
Besteht Unsicherheit über die Frage des richtigen Zustelladressaten, sollte vorsorglich sowohl an den Bevollmächtigten wie auch an den Antragsgegner persönlich zugestellt werden.
Die einstweilige Verfügung unseres Mandanten Michael Schumacher, in der es um die Zulässigkeit einer Berichterstattung über den Besuch des Bischof Georg Gänswein im Hause unseres Mandanten ging wurde, wurde bestätigt.