Ist es OK, wenn die BILD unter der Überschrift „Gerichtsvollzieher jagt TV -Bösewicht“ in identifizierbarer Weise über angebliche Schulden eines bekannten Schauspielers berichtet. Natürlich nicht.
Die BILD hat in ihrer Ausgabe vom 14.02.2023 auf Seite 4, behauptet „weil er seine Schulden nicht bezahlt“ werde der Schauspieler vom „Gerichtsvollzieher gejagt“. Der fast ganzseitige Beitrag ist mit zahlreichen Fotos des bekannten Schauspielers illustriert. In dem Beitrag wird unter Angabe von Gerichtsaktenzeichen von mehreren Zwangsvollstreckungsverfahren und von angeblichen Schulden „in Höhe von mehreren Tausend Euro“ berichtet.
Die Berichterstattung über angebliche Schulden stellt eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Schauspielers dar, welches u.a. auch die Befugnis eines jeden Einzelnen beinhaltet, in eigener Person zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte, wozu die eigenen wirtschaftlichen Verhältnisse zählen, offenbart werden. Daneben gewährt das allgemeine Persönlichkeitsrecht einen geschützten privaten Bereich, der in räumlicher und thematischer Hinsicht die Möglichkeit des „Zu-Sich-Selbst-Kommens“ und der Entspannung gewährleisten soll. Die Privatsphäre betrifft solche Lebensumstände, die der Betroffene grundsätzlich nicht zum Gegenstand einer öffentlichen Wahrnehmung macht und er berechtigterweise auch erwarten kann, dass sie nicht ohne seine Einwilligung veröffentlicht werden. Es sind solche Lebensumstände, deren Bekanntwerden als peinlich empfunden oder sogar nachteilige Reaktionen der Umwelt auslösen können. Zu diesem Bereich gehört z.B. das Beziehungsleben, Krankheiten, Urlaube und eben auch die privaten wirtschaftlichen Eigentums- und Vermögensverhältnisse, deren Bekanntgabe ohne weiteres geeignet ist, kommentierenden Reaktionen auszulösen. Dies gilt besonders bei einer das Sozialprestige beeinträchtigenden Vermögenslosigkeit oder bei Schulden. Informationen hierüber verlassen den privaten Schutzraum nur mit Einwilligung des Betroffenen, die vorliegend offenkundig nicht vorlag.
Die Berichterstattung ist nach Abwägung rechtswidrig. Ein redaktionell vertretbarer Anlass, über die Vermögensverhältnisse des Schauspielers zu informieren, ist nicht ersichtlich. Eine zivilrechtliche Auseinandersetzung inter partes begründet kein Informationsinteresse. Ausreichend ist es auch nicht, dass die BILD aus Gründen der Unterhaltung, die höchstpersönlichen Lebensumstände des Schauspielers instrumentalisiert und sich als verlängerter Arm der Gläubiger zu betrachten scheint. Es geht um Unterhaltung ohne gesellschaftliche Relevanz auf Kosten des Schauspielers. Die Berichterstattung dient allein dem Bemühen, die Neugier zu befriedigen. Dieses Interesse hat bei der Abwägung hinter den Interessen des Schauspielers, auf Achtung und Schutz seiner Privatsphäre zurückzutreten. Dies auch vor dem Hintergrund, als die insinuierte schlechte Zahlungsmoral gesellschaftliche Missbilligung auslösen und damit dem Ansehen des Schauspielers und seiner Reputation einen erheblichen Schaden zufügen kann.