Gibt ein im Ausland ansässiger Unterlassungsschuldner eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, wird hierdurch die Vermutung der Wiederholungsgefahr dann nicht widerlegt, wenn er eine zugleich geforderte internationale Gerichtsstandsvereinbarung verweigert.
Unser Mandant wehrt sich gegen einen Beitrag, auf dem österreichischen Onlineportal unter www.kurier.at. In diesem Beitrag werden Lebensumstände unseres Mandanten thematisiert, die einen Eingriff in dessen Privatsphäre darstellen. So werden Ausführungen u.a. dazu gemacht, welchen medizinischen Behandlungen sich unser Mandant unterzogen haben soll. Der Betreiber des Portals wurde von DAMM I Rechtsanwälte abgemahnt und aufgefordert, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, sowie, eine internationale Gerichtsstandsklausel zu akzeptieren, wonach für alle Streitigkeiten aus oder im Zusammenhang mit der Unterlassungserklärung, die Gerichte in Deutschland zuständig und deutsches Recht anwendbar sein sollte.
Das Medienunternehmen hat hierauf zwar eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben. Zur Mitwirkung an einer Vereinbarung über den internationalen Gerichtsstand war das Medienhaus aus Österreich indes nicht bereit.
DAMM I Rechtsanwälte hat daher vor dem Landgericht Hamburg Klage auf Unterlassung der Äußerungen erhoben, zu deren Unterlassung sich „www.kurier.at“ außergerichtlich strafbewehrt verpflichtet hat.
Die Klage war erfolgreich. Zu Unrecht hat sich das österreichische Unternehmen darauf berufen, dass sie eine strafbewehrten Unterlassungserklärung abgegeben habe und hierdurch die Wiederholungsgefahr weggefallen sei. Eine andere Einschätzung ergebe sich nicht deswegen, weil die Beklagte ihren Geschäftssitz in Österreich habe.
Dem ist das Landgericht Hamburg explizit entgegengetreten und hat der Beklagten angeraten, den von uns geltend gemachten Unterlassungsanspruch anzuerkennen. Aus nachfolgend skizzierten Erwägungen.
Durch eine strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung soll die Vermutung der Wiederholungsgefahr ausgeräumt und dadurch ein gerichtliches Verfahren vermieden werden. Hiervon ist allerdings nur dann auszugehen, wenn sie einen gerichtlichen Unterlassungstitel auch tatsächlich als inhaltlich gleichwertig ersetzt. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung, dass der Unterlassungsgläubiger durch die Unterlassungsverpflichtung in gleicher Weise geschützt sein muss, wie durch einen entsprechenden Titel (vgl. hierzu BGH NJW 2015, 1246).
Im Umgang mit ausländischen Medienunternehmen bedarf es hierfür nicht nur einer strafbewehrten Unterlassungserklärung. Vielmehr bedarf es zudem einer internationalen Gerichtsstandsvereinbarung. Erst mit Unterzeichnung einer internationalen Gerichtsstandsvereinbarung ist gewährleistet, dass die Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung einem gerichtlichen Unterlassungstitel gleichgestellt ist. Ohne eine solche Vereinbarung müsste der Unterlassungsgläubiger bei einem Verstoß gegen die Unterlassungserklärung versuchen, eine Vertragsstrafe unter Anwendung fremdstaatlicher Rechtsordnungen vor einem ausländischen Gericht durchzusetzen. Gleiches gilt im Übrigen auch hinsichtlich der Kosten, die dem Unterlassungsgläubiger im Abmahnverfahren entstanden sind. Weigert sich der im Ausland sitzende Unterlassungsschuldner – wie häufig – nach Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung diese Kosten zu erstatten, muss der Unterlassungsgläubiger bei Fehlen einer internationalen Gerichtsstandsvereinbarung den Anspruch auf Kostenerstattung unter Anwendung der jeweils einschlägigen Rechtsvorschriften im Ausland durchsetzen. Eine andere Situation entstünde, wenn ein gerichtlicher Unterlassungstitel eines deutschen Gerichts vorliegen würde. In einem solchen Fall könnte der Unterlassungsgläubiger einen Ordnungsmittelantrag nach § 890 Abs. 1 ZPO beim „Gericht des ersten Rechtszugs“ stellen und auch die Kostenerstattung des Abmahnverfahrens in Deutschland nach deutschem Recht durchsetzen.
Vor diesem Hintergrund entspricht es der beabsichtigten Gleichstellung zwischen Unterlassungserklärung und Unterlassungstitel nur, wenn dem Unterlassungsgläubiger gegenüber einem im Ausland ansässigen Unterlassungsschuldner, ein Anspruch auf eine internationale Gerichtsstandsvereinbarung zugebilligt wird, (vgl. hierzu Kipping/Meyer, GRUR-Prax 2016, 76, 78). Die Ernstlichkeit des Unterwerfungswillens ist erst dann anzunehmen, wenn auf Seiten des Unterlassungsschuldners die Bereitschaft besteht, schützenswerte Interessen des Gläubigers auch tatsächlich zu wahren (OLG Frankfurt, GRUR-RR 2003, 198ff). Wenn der Unterlassungsschuldner mit einer Unterlassungserklärung also erreichen will, dass der Unterlassungsgläubiger von der prozessualen Durchsetzung seines Anspruchs Abstand nimmt, muss er bereit sein, an einer rechtlichen Ausgestaltung mitzuwirken, die im Verletzungsfall dazu führt, dass der Unterlassungsgläubiger ebenso geschützt ist, wie bei einem gerichtlichen Titel. Erst die Akzeptanz einer internationalen Gerichtsstandsvereinbarung rechtfertigt die Annahme der Ernstlichkeit eines Unterlassungsversprechens und lässt die andernfalls weiterhin zu vermutende Wiederholungsgefahr gegenüber einem ausländischen Medienunternehmen entfallen. In Ansehung der ausführlichen Hinweise des LG Hamburg wurde der Unterlassungsanspruch umfänglich anerkannt. Hierauf hat das LG Hamburg das österreichische Medienunternehmen unter dem Az. 324 O 396/21 mit Anerkenntnisurteil zur Unterlassung verurteilt.
Foto: Edgar Herbst