Unser Mandant ist Michael Schumacher. Er ist nach seinem schweren Unfall im Jahr 2013 nicht mehr öffentlich in Erscheinung getreten. Informationen zu seinem Gesundheitszustand sind in der Öffentlichkeit nicht vorhanden. Dessen ungeachtet hat die Illustrierte „FREIZEITWOCHE“ unter der Überschrift „Hurra, es geht bergauf“ einen Beitrag zum Abdruck gebracht und hierbei über die medizinische Behandlung unseres Mandanten spekuliert und eine angeblich erfolgte medizinischen Behandlung dargestellt.
Das Landgericht Düsseldorf hat erstinstanzlich sämtliche Ausführungen zu den medizinischen Details bzw. zu den angeblichen Behandlungen als Eingriff in die Privatsphäre gewertet und auch für rechtswidrig erachtet (LG Düsseldorf 12 0 49/20). Ein berechtigtes Informationsinteresse sei nicht anzuerkennen.
Das Oberlandesgericht Düsseldorf (Az. I-16 U 112/21) hat auf die hiergegen eingelegte Berufung der FREIZEITWOCHE in einem Hinweisbeschluss ausgeführt, dass es beabsichtige, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.
Es hat einleitend bestätigt, dass „die streitgegenständlichen Aussagen allesamt in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers“ in seiner Ausprägung der Privatsphäre eingreifen und macht deutlich:
„Das Recht auf Achtung der Privatsphäre (Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK) umfasst „auch Angaben über den Gesundheitszustand eines Menschen (BGH, Urteil vom 29.11.2016 – VI ZR 382/15, Rn. 9). Wer sich in ärztliche Behandlung begibt, muss und darf erwarten, dass alles, was der Arzt in Rahmen seiner Berufsausübung über seine gesundheitliche Verfassung erfährt, geheim bleibt und nicht zur Kenntnis Unberufener gelangt. Nur so kann zwischen Patient und Arzt jenes Vertrauen entstehen, das zu den Grundvoraussetzungen ärztlichen Wirkens zählt, weil es die Chancen der Heilung vergrößert (…)“.
Auch die Bekanntgabe des Namens des behandelnden Arztes verstößt gegen die Privatsphäre:
„Bei der Wahl des Arztes inklusive des Ortes und des Zeitpunktes seiner Konsultation handelt es sich – wie das Landgericht zutreffend erkannt hat – um eine höchstpersönliche Entscheidung des Patienten, die seiner Privatsphäre zuzuordnen ist.“
Desgleichen gilt mit Blick auf Ausführungen zur geplanten Behandlungsmethode.
„Die angewandte Behandlungsmethode stellt für sich genommen bereits eine Information dar, die in besonderer Weise den höchst sensiblen Bereich der privaten Lebensgestaltung betrifft“, zumal der Hinweis auf bestimmte Therapieformen Rückschlüsse auf die gesundheitliche Verfassung zulässt.
Den Einwand, unser Mandant habe sich seines Privatsphärenschutzes u.a. durch die Veröffentlichung der Netflix Dokumentation begeben, hat das OLG Düsseldorf zurückgewiesen und zutreffend darauf hingewiesen, dass sich die dortigen Äußerungen „auf allgemeine Aspekte des familiären Zusammenlebens beschränken […]“. Weder enthält die Dokumentation Ausführungen über die Wahl des behandelnden Arztes oder etwa über die gewählte Therapie.
Den Hinweis, ein Teil der Äußerungen seien in einigen ausländischen Onlineauftritten noch abrufbar, hat das OLG Düsseldorf ebenfalls zurückgewiesen und ausgeführt, dass hierin keine Duldung in die Veröffentlichung des streitgegenständlichen Beitrages in der FREIZEITWOCHE zu sehen ist. Unser Mandant habe regelmäßig zum Ausdruck gebracht, mit Veröffentlichungen zu seinem Gesundheitszustand nicht einverstanden zu sein. „So hat er wegen der Veröffentlichung in der Zeitung „Le Parisien“ ein Unterlassungsurteil vor dem Landgericht Frankfurt (Urteil vom 24.06.2021 – 2-03 O 507/19), erstritten. Anhaltspunkte für eine konkludente Duldung der Berichterstattungen, die mit der vorliegenden vergleichbar sind, bestehen daher nicht.“
Das OLG Düsseldorf hat schließlich auch die Rechtswidrigkeit der Äußerungen festgestellt. Ein berechtigtes, überwiegendes Informationsinteresse der Öffentlichkeit sei nicht anzuerkennen, da im konkreten Fall keine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtert wurde, was zur Folge hatte, dass ein eventuell bestehendes Informationsinteresse nicht erfüllt werde. Unter dem Eindruck der vorstehend skizzierten Hinweise des OLG Düsseldorf, hat die FREIZEITWOCHE die Berufung gegen die Entscheidung des LG Düsseldorf zurückgenommen.
Foto: Edgar Herbst