DAMM Rechtsanwälte setzt für Telekommunikationsunternehmen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch gegen hessische Kreisstadt durch

Unsere Mandantin, ein im Rhein-Main-Gebiet ansässiges Unternehmen aus der Telekommunikationsbranche, errichtet und betreibt u.a. VDSL- und Glasfasernetze. Gegenwärtig betreibt sie den Ausbau eines Glasfasernetzes in einer hessischen Kreisstadt. Dort steht sie im Wettbewerbsverhältnis mit einem Konkurrenz-Unternehmen aus der Telekommunikationsbranche, welches in der betreffenden Kreisstadt ebenfalls den Ausbau eines Glasfasernetzes plant.

Beide Konkurrenzunternehmen haben in der Planungsphase für ihre jeweiligen Vorhaben weitgehend zeitgleich eine sog. Nachfragebündelung durchgeführt. Solche Nachfragebündelungen sind im Vorfeld derartiger und ähnlicher Vorhaben üblich. Ziel ist dabei, schon vor Baubeginn mit der Bereitstellung möglichst vieler Glasfaser-Anschlüsse beauftragt zu werden. Bei nicht ausreichender Nachfrage besteht die Wahrscheinlichkeit, dass das am Ausbau interessierte Unternehmen von dem Vorhaben mangels Wirtschaftlichkeit absieht. Die Phase der Nachfragebündelung ist daher für das am Netzausbau interessierte Unternehmen regelmäßig von ganz erheblicher Bedeutung für das Gesamtprojekt.

Anlass unserer Beauftragung war im vorliegenden Fall die – nachstehend wiedergegebene – Mitteilung der betreffenden Kreisstadt, die diese während der laufenden Nachfragebündelungen auf der städtischen Website veröffentlicht hatte (Anm.: die Beteiligten haben wir durch […] anonymisiert):

„Glasfaser für Stadtteile

Das Unternehmen [Name der Wettbewerberin] möchte die Stadtteile […] mit schnellem Internet versorgen.

[…]

Um alle Bürgerinnen und Bürger umfassend informieren zu können, wird die Stadt […] zusammen mit der [Name der Wettbewerberin] Informationsveranstaltungen 

am […] anbieten.

 

Das Unternehmen [Name der Wettbewerberin] wird in den nächsten Wochen entsprechendes Infomaterial an alle Haushalte versenden. Um eine gute Beratung vor Ort gewährleisten zu können, wird es zudem Mobile Anlaufstellen geben, die an zentraler Stelle in Ihrem Stadtteil erreichbar sein werden.

Unter nachstehendem Link erhalten Sie weitere Informationen und können sich bereits ein Angebot sichern: [Link zur Website der Wettbewerberin].

Informieren können Sie sich ebenfalls in Servicestellen vor Ort, die Ihnen zu nachstehenden Zeiten und Standorten von [Name der Wettbewerberin] angeboten werden: […]“

 

Diese Handlung war wettbewerbswidrig.

Da die Maßnahme der Kommune im hiesigen Kontext dazu diente, den Absatz der Wettbewerberin unserer Mandantin zu fördern bzw. sie sogar darauf abzielte, die Nachfrage nach einer Glasfaser-Internetleitung zu Gunsten der Wettbewerberin unserer Mandantin zu lenken, lag hierin zweifellos eine geschäftliche Handlung i.S.v. §§ 2 Abs. 1 Nr. 1, 3 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb).

Diese geschäftliche Handlung war auch unlauter i.S.v. § 3 UWG. Als öffentlich-rechtliche Körperschaft trifft eine Kommune die Pflicht zur Neutralität und Objektivität gegenüber dem Wettbewerb. Das vorstehend skizzierte Verhalten war jedoch darauf gerichtet, die am Glasfaserausbau interessierten Bürger exklusiv und einseitig der Wettbewerberin unserer Mandantin zuzuführen. Unlauter war es insbesondere, dass die Kommune auf die Website der Wettbewerberin verlinkte mit dem Hinweis: „Unter nachstehendem Link können Sie sich bereits ein Angebot sichern“.

Namens unserer Mandantin haben wir die Kommune daher abgemahnt und zur Unterlassung aufgefordert. Die geschuldete Unterlassungserklärung hat die Stadt daraufhin abgegeben und die wettbewerbswidrige Maßnahme eingestellt. Die unserer Mandantin entstandenen außergerichtlichen Abmahnkosten hat die Stadt angewiesen. Weitergehende Ansprüche auf Schadensersatz hat sich unsere Mandantin ausdrücklich vorbehalten.

Anmerkung:

Der BGH hatte bereits mit Urteil v. 12.07.2012 (Az. I ZR 54/11) festgestellt, dass eine öffentlich-rechtliche Körperschaft wettbewerbswidrig handelt, wenn sie in amtlichen Nachrichten und Schreiben eine Zusammenarbeit mit einem einzelnen Unternehmen prominent herausstellt, ohne auch andere Anbieter der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen zu nennen, und die Verbraucher der Darstellung entnehmen, dass es sich aus Sicht der öffentlichen Hand um ein besonders vertrauenswürdiges Unternehmen handelt.

Immer wieder kommt es unserer Erfahrung nach – insbesondere im Bereich der Daseinsvorsorge – zu ganz ähnlichen Fallkonstellationen, in denen die öffentliche Hand durch Mitteilungen (z.B. Äußerungen eines Bürgermeisters) oder amtliche Informationen in den Wettbewerb zwischen Privaten eingreift. Hier gilt zwar im Grundsatz, dass die wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand, also die Förderung eigenen oder fremden Wettbewerbs, lauterkeitsrechtlich zulässig ist. Dabei unterliegt die öffentliche Hand allerdings bestimmten rechtlichen Grenzen. Insbesondere sind die Grundsätze der Objektivität und Neutralität zu beachten, die vorliegend missachtet wurden, indem die Kommune ohne sachlichen Grund für den Abschluss von Verträgen mit der Wettbewerberin unserer Mandantin geworben und hierdurch den Absatz nur eines bestimmten Unternehmens gefördert hat.