Verzockt Teil I: Rechtsanwalt Damm setzt gegen Axel Springer 35.000.00 Euro Geldentschädigung wegen Sex Mobbing Vorwürfe durch

Unser Mandant ist Magistratsdirektor und Leiter einzelner Fachbereiche in der Stadtverwaltung einer hessischen Gemeinde, die von einer ehemaligen Mitarbeiterin ihrerseits u.a. auf Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von 51.000,00 Euro mit der Begründung verklagt wurde, sie sei von unserem Mandanten auf das übelste sexuell gemobbt worden. Zum Beleg legte die ehemalige Mitarbeiterin im Arbeitsgerichtsprozess ein von ihr so bezeichnetes „Mobbingtagebuch“ vor. BILD hat in einer beispiellosen Kampagne, in vier aufeinander folgenden Printausgaben, wie auch unter www.bild.de , jeweils unter namentlicher Nennung und unter Veröffentlichung von Bildnissen unseres Mandanten, weite Teile des Mobbingtagebuchs unkritisch abgeschrieben.

In dem Beitrag, über den das Landgericht Frankfurt im hiesigen Fall zu entscheiden hatte, erhob die BILD unter dem titelgebenden Schlagwort „Sex Mobbing“ schwerste, gravierend ehrverletzende Vorwürfe gegen unseren Mandanten. So soll er in Bezug auf Mitarbeiter durch die Flure u.a. gebrüllt haben, dass diese „blöde Fotzen und Schlampen“ bzw. „dreckige Nutten“ seien, ihm mal „einen blasen“ sollen, und „im Bett eine Drecksau“ seien. In dem BILD-Exzess wurden noch zahlreiche weitere, schwerwiegende Verfehlungen behauptet, die nahezu allesamt sexuell-bezogenen Inhalt hatten.

Das Landgericht Frankfurt hat unter dem Az.: 2-03 O 184/17 am 16.05.2019 Axel Springer zur Unterlassung von 18 Äußerungen sowie zur Unterlassung von 4 Bildnissen von unserem Mandanten verurteilt, wobei drei der Bildnisse unter www.bild.de und ein Bildnis in der Printausgabe der BILD erschienen sind. Ferner hat das Landgericht Frankfurt Axel Springer und die zum Zeitpunkt der Klageerhebung noch existierende BILD GmbH & Co.KG, die den Onlineauftritt unter www.bild.de zu verantworten hatte, zu 30.000,00 Euro bzw. zu 5.000,00 Euro Geldentschädigung verurteilt.

In seiner Entscheidung hat das Landgericht zunächst die Feststellung vorangestellt, dass es sich bei den streitgegenständlichen Äußerungen überwiegend um Tatsachenbehauptungen handelt, die als etwas tatsächlich Geschehenes der objektiven Klärung und insofern dem Beweise zugänglich seien. Dort, wo die streitgegenständlichen Darstellungen zudem einen wertenden Meinungsbezug hatten, bestand jeweils ein Tatsachenkern, der auf seinen Wahrheitsgehalt zu überprüfen war.

Die Beweislast traf BILD.

Da vorliegend bemerkenswert ehrverletzende Darstellungen in Streit standen, musste BILD beweisen, dass die Behauptungen der Wahrheit entsprachen. Obwohl das Landgericht Frankfurt, im Rahmen einer insgesamt mehrtägigen Beweisaufnahme auch die Mitarbeiterin als Zeugin gehört hat, die das angebliche Mobbingtagebuch verfasst hatte, konnte BILD den Beweis nicht führen. Das Landgericht Frankfurt glaubte der Zeugin kein Wort und stufte sie sogar als unglaubwürdig ein. Die Angaben der bemerkenswert belastungseifrigen Zeugin „sind in einer Vielzahl von Punkten durch mehrere Zeugen glaubhaft wiederlegt worden“, so das Verdikt der Frankfurter Richter.

Mit Blick auf Äußerungen, wo die Unwahrheit der Darstellung ebenso wenig festgestellt werden konnte wie die Wahrheit der Darstellung (non liquet), prüfte das Landgericht, ob sich BILD insoweit auf den Grundsatz der Wahrnehmung berechtigter Interessen stützen könne. In einem solchen Fall, scheidet ein Unterlassungsanspruch aus. Auf diesen Grundsatz kann sich allerdings nur derjenige berufen, der sorgfältig recherchiert hat. D.h. es muss ein Mindestbestand an solchen Tatsachen vorhanden sein, die für den Wahrheitsgehalt der Darstellung sprechen. Ganz wichtig: Der Beitrag darf nicht vorverurteilend sein. Außerdem muss dem Betroffenen Gelegenheit gegeben worden sein, sich zu den Vorwürfen zu äußern.

Ein Mindestbestand an Beweistatsachen lag bereits nicht vor. Das Landgericht Frankfurt führte in seiner Entscheidung insoweit aus, dass die Vorwürfe nur auf einer einzigen Quelle beruhten, nämlich auf der Aussage der ehemaligen Mitarbeiterin, die diese Vorwürfe in einem Arbeitsgerichtsprozess eingeführt hat, in der es ihr darum ging, ein besonders hohes Schmerzensgeld zu generieren. Ferner wurde ausgeführt, das BILD es nicht für notwendig befunden hatte, diese Zeugin einmal zu befragen.. Vielmehr hat BILD es genügen lassen, die zersetzend ehrverletzenden Inhalte aus dem Mobbingtagebuch zu übernehmen. Mit der gängigen Rechtsprechung sah das Landgericht in der Übernahme der Vorwürfe aus einer einzigen Quelle keine hinreichenden Belegtatsachen. Schließlich wurde vom Landgericht ferner herausgearbeitet, dass unserem Mandanten auch keine Gelegenheit gegeben wurde, sich zu den Vorwürfen zu äußern. Zwar sei davon auszugehen, dass der Journalist versucht habe, unseren Mandanten zu sprechen und, dass er auch mehrfach bei der Dienststelle angerufen habe um unseren Mandanten zu erreichen. Noch am Abend vor der ersten Veröffentlichung sei auch versucht worden, unseren Mandanten an dessen Wohnort aufzusuchen und mit ihm über die Vorwürfe zu sprechen. Das Gericht folgte insoweit allerdings der Rechtsauffassung, dass diese Bemühungen in Ansehung der Schwere der Vorwürfe nicht ausreichend gewesen seien. Dies nicht zuletzt auch deswegen, weil ein besonderer Aktualitätsdruck nicht erkennbar gewesen sei. Aber auch deswegen, weil bei der Vielzahl derart gravierender Vorwürfe, es im Zweifel sogar erforderlich gewesen wäre, unserem Mandanten Gelegenheit zu geben, schriftlich Stellung zu nehmen. Schließlich ist das Gericht unseren Ausführungen auch insoweit gefolgt, als die Berichterstattung nicht hinreichend hat deutlich werden lassen, dass es sich lediglich um einen Verdacht gehandelt habe und die Berichterstattung insoweit vorverurteilend gewesen sei. Im Ergebnis muss festgehalten werden, dass nach Auffassung des Landgerichts keines der Merkmale erfüllt war, die es bedurft hätte, um von einer zulässigen Verdachtsberichterstattung ausgehen zu können.

Das Landgericht Frankfurt hat die Veröffentlichung der Bildnisse unseres Mandanten unter Beachtung des abgestuften Schutzkonzeptes ebenfalls verboten. Im Rahmen der gebotenen Abwägung hat es ausgeführt, dass die mehr als 15 Jahre alten Fotos nicht kontextneutral seien und sich der streitgegenständliche Beitrag nicht mit den abgebildeten Bildinhalten befasste.

Schließlich hat das Landgericht unserem Mandanten wegen der Veröffentlichung in der Printausgabe der BILD wie auch wegen der Veröffentlichung unter www.bild.de eine Geldentschädigung in Höhe von zusammen 35.000,00 Euro verurteilt. Ausschlaggebend hierfür war der enorm schwerwiegende Eingriff in das Persönlichkeitsrecht unseres Mandanten. Durch die Berichterstattung wurden unserem Mandanten schwerwiegendes Fehlverhalten und eine erhebliche Amoralität zugeschrieben. Ferner hat das Landgericht der BILD schwerwiegendes Verschulden attestiert und ausgeführt:

„Die Beklagten haben vorliegend in schwerwiegender Art und Weise gegen die Grundsätze der Verdachtsberichterstattung und die den Beklagten obliegenden journalistischen Sorgfaltspflichten verstoßen, indem sie in vorverurteilenden Weise, ohne hinreichende Gelegenheit zur Stellungnahme, unter Missachtung des Wechselbezugs von Dichte des Verdachts auf der einen Seite und Art und Weise der Berichterstattung auf der anderen Seite […] über den Kläger berichtet haben.“. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.

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Wettbewerbsrecht: Unterlassungsvereinbarungen können aus wichtigem Grund gekündigt werden

Der BGH hat kürzlich entschieden, – Az. I ZR 6/17, Urteil vom 14.02.2019 – dass Unterlassungsvereinbarungen aus wichtigem Grund, etwa, wenn nicht die Ahndung eines Wettbewerbsverstoßes im Vordergrund steht, gekündigt werden können.

Der Sachverhalt im Überblick

Im vorliegenden Fall geraten zwei Elektronikhändler in Streit, die vor allem Kopfhörer online und über Ladengeschäfte verkaufen. Zu den Pflichten beim Verkauf solcher Kopfhörer gehört nach EU-Richtlinien und dem damals geltenden Elektro- und Elektronikgerätegesetz die Kennzeichnung solcher Waren mit einem CE-Prüfzeichen.

Die angebotenen Kopfhörer des beklagten Händlers entsprachen diesen Vorgaben jedoch nicht, was der abmahnende und später klagendende Händler über 7 durchgeführte Testkäufe im Juni 2014 herausfand. Er mahnte den Konkurrenten für diesen Wettbewerbsverstoß ab und forderte ihn zur Abgabe einer strafbewährten Unterlassungsvereinbarung auf.

Der abgemahnte Händler gab die geforderte Unterlassungserklärung ab und verpflichtete sich damit, in jedem weiteren Falle einer fehlenden CE-Kennzeichnung an den Konkurrenten eine Vertragsstrafe von 5.100 Euro zu zahlen. Im November 2014 führte der klagende Händler 7 Testkäufe und im Mai 2015 weitere 5 Testkäufe durch, um die Einhaltung der Unterlassungsvereinbarung zu überprüfen. Dabei fielen erneut nicht ordnungsgemäß gekennzeichnete Kopfhörer auf. Der klagende Händler forderte für die 7 Testkäufe im 35.700 Euro. Hilfsweise, für die 5 Testkäufe 25.500 Euro.

Weil der abgemahnte Händler nicht zahlte, erhob der Kläger Klage vor dem Landgericht Berlin. Noch vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung im Dezember 2015 kündigte der abgemahnte und beklagte Händler die Unterlassungsvereinbarung aus wichtigem Grund wegen Rechtsmissbrauchs. Das Landgericht lehnte die Klage auf Zahlung der Vertragsstrafe ab und gestand dem Beklagten auf dessen Widerklage hin, den Ersatz seiner Anwaltskosten zu. Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg.

Der BGH wies die Revision des Klägers als unbegründet zurück.

Der BGH schloss sich der Argumentation der Vorinstanzen an und bekräftigte, dass es sich bei Unterlassungsvereinbarungen um sog. Dauerschuldverhältnisse handelt, die grundsätzlich kündbar sind. Dauerschuldverhältnisse sind solche Verträge bei den sich zwei Parteien eine regelmäßige und widerkehrende Leistung und Gegenleistung auf Dauer versprechen. Bei Unterlassungsvereinbarungen verpflichtet ist der Unterlassungsschuldner Teil dazu, eine bestimmte Handlung zu unterlassen. Unterlässt er diese Handlung nicht, hat er dem Unterlassungsgläubiger dafür die vereinbarte Vertragsstrafe zu zahlen. Somit wirkt die Unterlassungsvereinbarung auf Dauer fort und immer dann, wenn dagegen verstoßen wurde.

Die Unterlassungsvereinbarung kann gekündigt werden. Und zwar dann, wenn ein „wichtiger Grund“ gem. § 314 Abs. 1 BGB vorliegt. Gemäß 314 Abs. 1 Satz 2 liegt ein wichtiger Grund vor, wenn dem Unterlassungsschuldner unter Abwägung der beiderseitigen Interessen, die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.“

Im vorliegenden Fall hat der Unterlassungsschuldner den Unterlassungsvertrag noch vor der mündlichen Verhandlung aus wichtigem Grund gekündigt. Dem folgten die mit dem Fall befassten Gerichte und sahen den wichtigen Grund darin, dass der Kläger die Abmahnung und die Unterlassungsvereinbarung rechtsmissbräuchlich eingesetzt hat. Gem. § 8 Abs. 4 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) ist eine Abmahnung dann missbräuchlich, wenn im Zusammenspiel aller Umstände nicht die Ahndung eines Wettbewerbsverstoßes im Vordergrund steht. Wenn das beherrschende Motiv des Unterlassungsgläubigers darin besteht, Gebührenansprüche zu generieren oder einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen entstehen zu lassen. Ähnlich verhält es sich, wenn der Gegner durch möglichst hohe Prozesskosten belastet werden soll oder es im Vordergrund steht, den Mitbewerber wirtschaftlich zu schädigen. In solchen Fällen sind Abmahnungen unzulässig und der abgemahnten Partei stehen die Kosten der Rechtsverteidigung zu.

Der BGH sah dies – wie bereits beide Vorinstanzen – vorliegend als gegeben an, da die Abmahntätigkeit in keinem vernünftigen wirtschaftlichen Verhältnis zu der gewerblichen Tätigkeit des Abmahnenden stehe und erachtete dies als einen wichtigen Grund, der die außerordentliche Kündigung der Unterlassungsvereinbarung durch den beklagten Händler rechtfertigte.

Grundsatz von Treu und Glauben steht der Durchsetzung der Vertragsstrafe entgegen

Selbst wenn der Beklagte die Unterlassungsvereinbarung kündigen konnte, bleibt offen, was mit den Ansprüchen passiert, die vor der Kündigung entstanden sind. Der BGH und die Instanzgerichte verneinten die Vertragsstrafe, da der Einwand des Rechtsmissbrauchs nach dem Grundsatz von Treu und Glauben gem. § 242 BGB auch schon vor der Kündigung erhoben hätte werden können. Im Rahmen einer Gesamtwürdigung ist bei Ansprüchen auf Vertragsstrafen zu prüfen, ob das Verhalten des Abmahnenden (des Klägers) vor, bei und nach der Abmahnung den Schluss rechtfertigt, dass deren Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Im vorliegenden Fall haben die Instanzgerichte die Feststellung getroffen, dass die Abmahntätigkeit des Klägers vorwiegend rechtsmissbräuchlichen Zwecken diente. Eine Durchsetzung der Vertragsstrafen stand dem Kläger somit nach dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht zu.

Landgericht Frankfurt a. M. zur öffentlichen Zugänglichmachung über die Bild-URL im Lichte der Rechtsprechung des EuGHs

Unser Mandant, ein Berufsfotograf, hatte wegen der unbefugten Verwendung zweier professioneller Fotografien eine strafbewehrte Unterlassungserklärung gegen ein Unternehmen erwirkt. Nach Abgabe der Unterlassungserklärung waren die Fotografien unseres Mandanten noch über die jeweilige Bild-URL aufrufbar, unter denen die Aufnahmen im Rahmen der unerlaubten öffentlichen Zugänglichmachung über die Webseite des Unternehmens abgespeichert worden waren. Nachdem das Unternehmen die Abgabe einer neuen Unterlassungserklärung sowie die Zahlung einer Vertragsstrafe verweigerte, haben wir die Ansprüche unseres Mandanten vor dem Landgericht Frankfurt am Main geltend gemacht.

Das Landgericht setzte sich in seiner Entscheidung ausführlich mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zur öffentlichen Wiedergabe auseinander. Nach der Rechtsprechung des EuGHs nimmt der Nutzer „eine Wiedergabe vor, wenn er in voller Kenntnis der Folgen seines Verhaltens tätig wird, um seinen Kunden Zugang zu einem geschützten Werk zu verschaffen, und zwar insbesondere dann, wenn ohne dieses Tätigwerden die Kunden das ausgestrahlte Werk grundsätzlich nicht empfangen könnten.“ Für das Kriterium der Öffentlichkeit der Wiedergabe hält der Gerichtshof eine unbestimmte Zahl potenzieller Leistungsempfänger für erforderlich, die „aus recht vielen Personen bestehen muss.“ Ferner ist nach der ständigen Rechtsprechung des EuGHs für eine Einstufung als „öffentliche Wiedergabe“ erforderlich, dass ein geschütztes Werk unter Verwendung eines technischen Verfahrens, das sich von dem bisher verwendeten unterscheidet, oder, ansonsten, für ein neues Publikum wiedergegeben wird, d. h. für ein Publikum, an das die Inhaber des Urheberrechts nicht gedacht hatten, als sie die ursprüngliche öffentliche Wiedergabe erlaubten. Schließlich sei es nicht unerheblich ist, ob eine öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 Erwerbszwecken dient (vgl. EuGH GRUR 2016, 1152 – GS Media).

Unter Berücksichtigung der vorgenannten Kriterien bejahte die 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main eine öffentliche Wiedergabe bzw. eine öffentliche Zugänglichmachung der Aufnahmen unseres Mandanten.

Zwar waren die Fotografien von der Webseite des Unternehmens entfernt worden. Die Bilddateien waren jedoch weiterhin auf dem Server des Unternehmens unter den jeweiligen URLs gespeichert, unter denen sie im Rahmen der ursprünglichen unbefugten Wiedergabe abgelegt worden waren. Über diese URLs war ein Aufruf der Aufnahmen noch möglich. Das Landgericht thematisierte insoweit die Frage, ob die Fotografien auf diesem Wege noch für eine „unbestimmte Zahl von Personen, die aus recht vielen Personen bestehen muss“, erreichbar waren.

Fotografien werden jedoch regelmäßig über Bildersuchmaschinen indiziert. Bleiben Aufnahmen nach der Entfernung von der Homepage weiter unter der ursprünglichen URL auf dem Server hinterlegt, so können sie auch nach Entfernung von der Webseite von jedem Nutzer über Bildersuchmaschinen aufgerufen werden. Auch unter Berücksichtigung der gewerblichen Tätigkeit der Beklagten sah die Kammer im Ergebnis das Merkmal der öffentlichen Wiedergabe als erfüllt an.

ZDF verletzt Opferrechte. Rechtsanwalt Damm setzt sich vor dem Landgericht Frankfurt erfolgreich für das Opfer einer schweren Straftat ein.

Unsere Mandantin war vor mehr als 30 Jahren Opfer einer Entführung. Nach Zahlung eines Lösegeldes ist sie von den Entführern nach mehreren Monaten Gefangenschaft freigelassen worden. Die Entführer wurden nie gefasst. Das Verbrechen erregte bundesweit große mediale Aufmerksamkeit. Es erfolgten öffentliche Fahndungsaufrufe, in der auch Kinderfotos unserer Mandantin veröffentlicht wurden. Die Familie unserer Mandantin wandte sich öffentlich an die Entführer. Der Fall wurde von der Sendung „Aktenzeichen XY… ungelöst“ aufgegriffen. Nach der Freilassung fand eine Pressekonferenz statt. Hierbei war auch ein Vermittler anwesend, der auf Seiten der Familie unserer Mandantin in die Kommunikation mit den Entführern eingebunden war. Ebenfalls kurz nach der Freilassung hat die BUNTE in insgesamt zwei umfangreichen Beiträgen über die Entführung und die Freilassung berichtet und hierbei auch mit Einwilligung der Eltern unserer Mandantin Kinderfotos unserer Mandantin veröffentlicht.

Das ZDF nimmt sich immer wieder alter Verbrechen an, um diese im Rahmen unterhaltender Info-Dokus redaktionell auszuwerten. In diesem Fall erfolgte dies im Rahmen einer Sendung, die im Spartensender ZDFinfo im Januar 2018 zur Ausstrahlung gelangte und die sich vordergründig mit dem Leben des Vermittlers befasste, der bei der Entführung in die Kommunikation mit den Entführen eingebunden war. Hierbei wurde der Entführungsfall unter Nennung des Namens unserer Mandantin wie auch unter Verwendung u.a. solcher Fotos wiedererzählt, die im Rahmen der Fahndung verwendet wurden. Ferner wurden Fotos von unserer Mandantin veröffentlicht, die mit Einwilligung der Eltern unserer Mandantin von mehr als 30 Jahren in der Illustrierten BUNTE veröffentlicht wurden. Darüber hinaus wurde der Tonbandmitschnitt von einem Telefonat veröffentlicht, welches unsere Mandantin noch während der Entführung mit dem Vermittler führen musste und worin sie Details zur Geldübergabe mitteilte. Ferner wurde ein Brief vorgelesen, den unsere Mandantin während der Entführung geschrieben hat.

Für die Mandantin stellt die Befassung mit der Entführung immer wieder eine Belastung dar. Daher wollte sie erreichen, dass es dem ZDF nun verbindlich verboten werde, Fotos, Tonbandmitschnitte und Briefe aus der damaligen Zeit auch weiter hin zu veröffentlichen. Mit Erfolg. Das Landgericht Frankfurt hat nun in einer noch nicht rechtskräftigen Entscheidung vom 17.04.2019, Az.: 2-03 O 118/18, dem ZDF verboten, sowohl die Bilder zu veröffentlichen, die im Rahmen der Fahndung verwendet wurden wie auch diejenigen Bilder, die nach der Entführung in der Illustrierten Bunte mit Einwilligung der Eltern veröffentlicht wurden. Ferner hat das Landgericht Frankfurt dem ZDF untersagt, den Brief unserer Mandantin zu veröffentlichen wie auch das seinerzeit heimlich mitgeschnittene Telefongespräch

Das Landgericht ist im Rahmen seiner Entscheidung ohne weiteres davon ausgegangen, dass unsere Mandantin auf den Kinderfotos noch erkennbar dargestellt werde. Insoweit wurde zutreffend darauf hingewiesen, dass es bereits ausreichend sei, wenn der Abgebildete begründeten Anlass zu der Annahme habe, er könne als abgebildet identifiziert werden. Dies ist im vorliegenden Fall ohne weiteres gegeben, da zumindest Verwandte und Bekannte unsere Mandantin, diese in dem Filmbeitrag erkennen konnten, was nach gängiger Rechtsprechung ohne weiteres ausreicht.

Eine konkludente Einwilligung in die Veröffentlichung der Kinderfotos hat das Landgericht ebenfalls nicht angenommen. Denn die von den Eltern erteilte Einwilligung in die Veröffentlichung der Fotos bezog sich auf ihre Verwendung zur Fahndung bzw. zur Veröffentlichung in der Illustrierten BUNTE und sei auf diese Veröffentlichungszwecke beschränkt gewesen. Die Einwilligung ihrer Eltern müsse sich die Mandantin im Übrigen auch nicht zurechnen lassen. Die Wiedergabe von Fotografien aus der Kinder-und Jugendzeit bedarf der Einwilligung der heute volljährigen Mandantin.

Die Bildnisse unserer Mandantin sind auch keine Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte, was dazu führen würde, dass ihre Veröffentlichung auch ohne Zustimmung möglich wäre. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist stets im Rahmen einer Abwägung zu ermitteln. Hierbei sind die Rechte des Abgebildeten einerseits und die Rechte der Presse andererseits in Ausgleich zu bringen. Vorliegend hat das Landgericht Frankfurt zwar berücksichtigt, dass der Entführungsfall durchaus sachlich dargestellt werde. Allerdings ist das Bedürfnis unserer Mandantin, die Wiedergabe der Kinderbilder nach mehr als 30 Jahren zu unterbinden, vorrangig. Hierbei war zu berücksichtigen, dass sie als Tatopfer gegen ihren Willen in den zwar grundsätzlich berichten werten Vorgang einbezogen wurde. „Das Persönlichkeitsrecht des Tatopfers bedarf jedoch in der Berichterstattung einer besonders schonenden Behandlung, so dass eine identifizierende Berichterstattung daher noch zurückhaltender zu erfolgen hat. Denn während der Täter durch seine Tat aus eigenem Antrieb in soziale Interaktion mit dem Tatopfer tritt, wird das Tatopfer hieran unfreiwillig beteiligt“. Unter Bezugnahme auf die vorstehenden Erwägungen hat das Landgericht es als nicht angezeigt erachtet, dem Veröffentlichungsinteresse des ZDF den Vorrang vor dem Persönlichkeitsrecht unsere Mandantin einzuräumen. Hierbei wurde auch berücksichtigt, dass die Bildberichterstattung noch stärker in die Rechte des Abgebildeten eingreift als eine bloße Wortberichterstattung.

Das Landgericht hat in Bezug auf das Verbot, den privaten Brief unserer Mandantin zu veröffentlichen ausgeführt, dass grundsätzlich dem Verfasser eines Briefes die Befugnis zusteht darüber zu entscheiden, ob und in welcher Form seine Worte der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Vorliegend gelte dies insbesondere auch schon deswegen, weil zwischen dem Zeitpunkt der ersten Verlesung des Briefes und dem streitgegenständlichen Filmbeitrag mehr als 36 Jahre liegen. Berücksichtigt hat das Landgericht hierbei auch, dass unsere Mandantin bei Abfassung des Briefes noch minderjährig gewesen ist und sie zu dem Schreiben des Briefes gezwungen wurde.

Das Landgericht hat schließlich mit gleicher Begründung auch den heimlichen Telefonmitschnitt verboten und hierbei zudem hervorgehoben, dass das informelle Selbstbestimmungsrecht betroffen ist.

Nachweis eines Lizenzschadens bei Übernahme eines urheberrechtlich geschützten Werkes

Das OLG Frankfurt am Main hat unter dem Az.: 11 U 88/17 über eine Schadensersatzforderung zu entscheiden gehabt, bei dem ein Ingenieurbüro für die Nutzung eines Onlinestadtplans keine Lizenzgebühren zahlte. Dabei setzte das OLG bestimmte Anforderungen an den Nachweis des Lizenzschadens, die sich mit der Rechtsprechung anderer Obergerichte decken.

Der Sachverhalt im Überblick

Ein Ingenieurbüro veröffentlichte auf seiner Internetseite einen Onlinestadtplan. Für die Nutzung dieses Onlinestadtplans, deren Urheberin die Klägerin ist, zahlte das Ingenieurbüro weder Lizenzgebühren, noch war die Nutzung anderweitig erlaubt worden. Diese Onlinestadtpläne werden von der Klägerin zur Nutzung angeboten, wobei für die Nutzung des Stadtplans in der Preiseliste der Klägerin eine Lizenzgebühr von 1.620 Euro zzgl. Umsatzsteuer ausgewiesen war.

Nachdem die Klägerin nun auf die unerlaubte Nutzung aufmerksam wurde, mahnte Sie das Ingenieurbüro ab und verlangte die Lizenzgebühren von 1.620 Euro und den Ersatz einer Gebühr von Ermittlungs- und Dokumentationskosten in Höhe von 95 Euro. Das Ingenieurbüro gab die geforderte Unterlassungserklärung ab, die mit einer Vertragsstrafe von 5.001 Euro versehen war. Den geforderten Lizenzbetrag zahlte es nicht, bot stattdessen eine geringere Lizenzgebühr an. Die Klägerin nahm die Unterlassungserklärung an.

Wenige Tage später war zwar die Internetseite des Ingenieurbüros mit dem unerlaubt genutzten Stadtplan nicht mehr abrufbar, befand sich aber noch auf dem Server. So konnte man mit der exakten Eingabe des genauen Pfades den unerlaubt genutzten Stadtplan noch abrufen. Daraufhin forderte die Klägerin von dem Ingenieurbüro die Vertragsstrafe von 5.001 Euro ein sowie den Lizenzschaden, die Ermittlungsgebühr und die angefallenen Rechtsanwaltskosten. Das Ingenieurbüro zahlte jedoch nur die Rechtsanwaltskosten und einen sehr geringen Teil der Vertragsstrafe und des Lizenzschadens. Daraufhin erhob die Urheberin der Onlinestadtpläne vor dem Landgericht Frankfurt am Main Klage gegen das Ingenieurbüro.

Die landgerichtliche Entscheidung

Das Landgericht sprach der Klägerin einen um 50 % gekürzten Lizenzschaden i.H.v. 810 Euro, 95 Euro Ermittlungsgebühren, sowie eine auf 1.000 gekürzte Vertragsstrafe zu. Abzüglich der bereits geleisteten Zahlungen ergab dies einen Betrag von 1.540,50 Euro zuzüglich Zinsen.

Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, dass die Erreichbarkeit des Onlinestadtplan auf den Seiten des beklagten Ingenieurbüros nur nach Eingabe der genauen Adresse möglich war. Die damit verbundene niedrige Breitenwirkung rechtfertigte nicht die volle Höhe der Vertragsstrafe von 5.001 Euro. Das Landgericht minderte daher die vereinbarte Vertragsstrafe und setzte lediglich eine solche in Höhe von 1.000 Euro fest.

Landgericht berechnet den Lizenzschaden über sog. Lizenzanalogie

Wird der Schadensersatz bei Urheberrechtsverletzungen durch die Lizenzanalogie berechnet, wird ein Betrag zugrunde gelegt, der in der Höhe dem entspricht, was der Verletzter des Urheberrechts dem Urheber als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte. Vorliegend hat das Gericht zu Gunsten des beklagten Ingenieurbüros, dass Wettbewerber der Klägerin ähnliche Produkte mitunter günstiger am Markt anbieten. Die vorgelegten Lizenzvereinbarungen, die die Klägerin in der Vergangenheit mit Dritten abgeschlossen hatte, seien nicht ohne weitere übertragbar. Denn viele der Vereinbarungen seien erst nach einer Abmahnung zustande gekommen. Zwar könnten solche Vereinbarungen auch bei der Berechnung des Schadenersatzes berücksichtigt werden, doch ist bei solchen Nachlizenzierungen davon auszugehen, dass die ausgehandelten Nach-Lizenzgebühren durch die Einbeziehung von u.a. Abmahnkosten insgesamt anders zu beurteilen seien, als bei einer freihändigen Vereinbarung, die nicht unter dem Druck einer vorausgegangenen Urheberrechtsverletzung zustande gekommen sind. Insgesamt kommt das Gericht damit zu einem Lizenzschaden von 810 Euro und setzt damit einen Abschlag von 50% von den geforderten 1.610 Euro Lizenzschaden durch.

Entscheidung des Oberlandesgericht

Die Klägerin forderte in der Berufung weitere 1.810 Euro von dem beklagten Ingenieurbüro – weitere 1.000 Euro Vertragsstrafe und weitere 810 Euro Lizenzschaden. Das beklagte Ingenieurbüro beantragte das Urteil des Landgerichts abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main schloss sich dem Antrag der Klägerin an und verurteilte das beklagte Ingenieurbüro zu weiteren Zahlung von 1.810 Euro. Sowohl die Vertragsstrafe, als auch der Lizenzschaden seien vom Landgericht als zu niedrig bemessen worden.

Zu geringe Vertragsstrafe verfehlt die Aufgabe als Sicherungs- und Druckmittel

Das OLG sah die von der Klägerin in der Berufung geforderte Vertragsstrafe von insgesamt 2.000 Euro als angemessen an. Die Vertragsstrafe soll in ihrer Funktion als Sicherungs- und Druckmittel gerade so bemessen sein, dass sich Verstöße für den Abgemahnten nicht lohnen. Ist die Vertragsstrafe somit zu gering – in diesem Fall geringer als der geforderte Lizenzschaden, verfehlt dies den „strafenden“ Charakter bei erneuten Zuwiderhandlungen. Dies habe das Landgericht in diesem Fall nicht beachtet. Auch der Umstand, dass das beklagte Ingenieurbüro die Kartenkachel mit sehr geringem Aufwand von seinem Server hätte entfernen können, führen in der Bewertung des OLG zu einer höheren Vertragsstrafe. Zwar sei auch die vereinbarte Vertragsstrafe von 5.001 Euro zu hoch, aber die in der Berufung geforderte Vertragsstrafe von 2.000 Euro ist unter Berücksichtigung der Umstände gerechtfertigt.

Auch nachlizenzierte Lizenzvereinbarungen können Grundlage sein

Der noch vom Landgericht vertretenen Auffassung, die vorgelegten Lizenzvereinbarungen der Klägerin seien zumeist unter dem Druck einer vorherige Abmahnungen zustande gekommen und wiesen aus diesem Grund zu hohe Lizenzentgelte aus, die bei einer freien Lizenzvereinbarung normalerweise nicht durchsetzbar seien, wies das OLG Frankfurt zurück und schloss sich der Rechtsprechung des OLG Karlsruhe an. Danach sind auch solche Lizenzvereinbarungen bei der Schadensersatzberechnung zu berücksichtigen, denen Abmahnungen vorausgegangen sind. Denn schließlich bleiben den Abgemahnten durchaus Handlungsalternativen, in dem diese z.B. mit anderen Anbieter gleicher Onlinestadtpläne Lizenzvereinbarungen abschließen können. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, das bei Nachlizenzierungen in die Höhe der Lizenzsätze – im Sinne einer „Gesamtlösung“ – solche Kosten mitfließen, die sich aus der vorhergehenden unerlaubten Nutzung ergeben.

Um den Abgemahnten nicht schlechter zu stellen, als denjenigen, der im Vorfeld der Nutzung eines urheberrechtlichen geschützten Werkes eine Lizenzvereinbarung mit dem Urheber eingeht, ist die vom Landgericht vorgenommene Kürzung des von der Klägerin veranschlagten Lizenzsatzes nicht zu rechtfertigen. Der Abschlag ist somit willkürlich.