Wird auf Hinweis des Gerichts ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgenommen, muss der Antragsgegner hierüber nicht informiert werden (LG Köln vom 21.07.2021 – Az. 28 O 166/21).

LG Köln bestätigt gängige Rechtsprechung: Besteht kein Bezug des Betroffenen zum zeitgeschichtlichen Ereignis, darf auch kein Bildnis von ihm veröffentlicht werden.

Die „BUNTE“ berichtet, dass die Eltern unseres Mandanten ihr Haus verkaufen wollen. Dieser Beitrag ist aus welchen Gründen auch immer, mit einem Bildnis unseres Mandanten illustriert, worauf er gemeinsam mit seiner Mutter bei einer öffentlichen Veranstaltung abgebildet ist.

Unser Mandant wehrt sich gegen die Bildveröffentlich und hat mit Beschluss vom 11.05.2021 zunächst den Erlass einer einstweiligen Verfügung beim Landgericht Köln erwirkt. Mit dem nunmehr vorliegenden Urteil vom 26.07.2021 (Az. 28 O 166/21) bestätigte das LG Köln die einstweilige Verfügung und führt aus, dass die sich die Zulässigkeit eines Bildnisses nach dem sog. abgestuften Schutzkonzept bemisst. Danach dürfen nur Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG) ohne Einwilligung des Betroffenen veröffentlicht werden. Etwas anderes gilt nur dann, wenn durch die Bildveröffentlichung berechtigte Interessen des Betroffenen verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG).

Eine etwaige Zuordnung eines Bildnisses zum Bereich der Zeitgeschichte macht eine Abwägung der gegenläufigen Interessen notwendig. Es ist das Interesse der Öffentlichkeit an vollständiger Information maßgeblich, wobei ein Informationsinteresse nicht schrankenlos gewährt wird. Vielmehr wird der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt (BGH, NJW 2009, 757; NJW 2010, 2432). Bei der Abwägung ist der Gesamtkontext und somit auch die Textberichterstattung zu bewerten. Auch ist von maßgeblicher Bedeutung, ob zwischen dem Bildnis und dem thematisierten zeitgeschichtlichen Ereignis ein Aktualitätsbezug besteht, wovon dann nicht auszugehen ist, wenn die Veröffentlichung des Bildnisses ca. zwei Jahre nach dem zeitgeschichtlichen Ereignis erfolgt.

Wird der Betroffene in einem Beitrag nicht erwähnt und findet keinerlei redaktionelle Befassung mit ihm statt, ist ein Bildnis von ihm – unabhängig vom Berichtsgegenstand – auch nicht dem Bereich der Zeitgeschichte zugeordnet. Dies war vorliegend der Fall. Das LG Köln hat zutreffend festgehalten:

Die Wortberichterstattung in dem Artikel befasst sich nicht mit dem Verfügungskläger. In dem Artikel wird er Verkauf der Immobilie durch die Eltern des Verfügungsklägers thematisiert. Der Verfügungskläger selbst wird in dem Artikel nicht erwähnt. Ein konkreter Bezug zu dem Verfügungskläger wird auch nicht durch die Bildunterschrift „STARKES TEAM [Mutter] und ihr Sohn [Verfügungskläger] entscheiden gemeinsam in Familienangelegenheiten“ hergestellt. Diese generelle Aussage kann keinen Zusammenhang zu dem konkreten Inhalt des Artikels schaffen. Denn es wird gerade nicht ausgeführt, dass der Verfügungskläger auch in der konkret in dem Artikel thematisierte Entscheidung des Verkaufs der Immobilie mitentschieden habe.“ Die Entscheidung ist rechtskräftig.  

Äußerungen zu konkreten medizinischen Behandlungsmethoden sind untersagt. DAMM Rechtsanwälte vor dem LG Düsseldorf erfolgreich.

Unser Mandant ist Michael Schumacher. Er ist nach seinem schweren Unfall im Jahr 2013 nicht mehr öffentlich in Erscheinung getreten. Informationen zu seinem Gesundheitszustand sind in der Öffentlichkeit nicht vorhanden.

Die Illustrierte „FREIZEITWOCHE“ hat unter der Überschrift „Hurra, es geht bergauf“ einen Beitrag zum Abdruck gebracht und hierbei über die medizinische Behandlung unseres Mandanten spekuliert. Der Beitrag geht soweit, die Art einer angeblich erfolgten medizinischen Behandlung darzustellen. Ferner wird über die Erfolgsaussichten dieser angeblichen Behandlung spekuliert.

Zur Rechtfertigung der Berichterstattung verweist die FREIZEITWOCHE im Wesentlichen darauf, dass die Angaben lediglich abstrakte Beschreibungen bestimmter Therapiemethoden seien und in keinem Zusammenhang zu den konkret zu behandelnden Beschwerden unseres Mandanten stünden. Schließlich habe das Management unseres Mandanten in zahlreichen Pressemeldungen und Stellungnahmen Angaben zum Gesundheitszustand gemacht. Dadurch habe er seine Privatsphäre geöffnet und müsse die Berichterstattung hinnehmen. Jedenfalls aber sei die Berichterstattung nicht rechtswidrig. Denn die Meldung über die angebliche Behandlung sei auch von anderen Boulevardblättern aufgegriffen worden und damit vorbekannt.

Das LG Düsseldorf hat den Argumenten eine Absage erteilt und zunächst klargestellt, dass die Beklagte den Sinngehalt der eigenen Äußerung nicht zutreffend erfasst hat, was allerdings unabdingbare Voraussetzung für die richtige rechtliche Würdigung sei. Bei der gebotenen Gesamtwürdigung erhalten die Aussagen einen unmittelbaren Bezug zum Kläger und geben über dessen konkrete Behandlung Auskunft.

Der Kläger hat sich auch nicht seines Anspruchs auf Privatsphärenschutzes begeben, weil sich Vertreter des Klägers über seinen Gesundheitszustand geäußert haben. Zwar kann sich der Betroffene nicht auf ein Recht zur Privatheit hinsichtlich solcher Tatsachen berufen, die er selbst der Öffentlichkeit preisgegeben hat. „Die Erwartung, dass die Umwelt die Angelegenheiten oder Verhaltensweisen in einem Bereich mit Rückzugsfunktion nur begrenzt oder nicht zur Kenntnis nimmt, muss daher situationsübergreifend und konsistent zum Ausdruck gebracht werden (BVerfG NJW 2000, 1021, 1023; BGH NJW 2018, 3509 Rn. 14). Im Zusammenhang mit der den Rechtsschutz beschränkenden Wirkung einer Selbstöffnung wird gefordert, dass die jeweilige Veröffentlichung grundsätzlich mit dem von dem Betroffenen der Öffentlichkeit zugänglich gemachten Teilbereich seiner Privatsphäre korrespondieren muss. Eine Selbstöffnung in Bezug auf die streitgegenständlichen Äußerungen ist vorliegend allerdings auch nicht erfolgt. Die von der Beklagten aufgeführten Stellungnahmen, die mitunter schon der BGH als abstrakte Allgemeinplätze eingeordnet hat, beschränken sich, auf allgemein gehaltene Angaben zu seinem grundsätzlichen Gesundheitszustand. Unter ausdrücklicher Bezugnahme auf BGH NJW 2017, 1550 führt das LG Düsseldorf aus: „Eine konkrete Vorstellung von den gesundheitlichen Auswirkungen dieser Verletzung und des Umfangs der daraus resultierenden Einschränkung elementarer körperlicher Funktionen und Fähigkeiten vermitteln diese allgemein gehaltenen Äußerungen dem Publikum dagegen nicht“.

Die Eingriffe in den Kernbestand der Privatsphäre hat das LG Düsseldorf auch als rechtswidrig erachtet. Der Umstand, dass auch andere Medien berichtet haben und dies die Sicht auf den Kläger mitprägt, stehe der Beurteilung der Rechtswidrigkeit des Beitrages nicht entgegen. Das Landgericht weist insofern auf die gängige Rechtsprechung hin, wonach es bei Aussagen, die die Privatsphäre betreffen von entscheidender Bedeutung ist, ob sich die Aussagen durch ein berechtigtes Informationsinteresse der Öffentlichkeit rechtfertigen lassen. Denn nicht alles, wofür sich Menschen aus Langeweile oder Neugier interessieren, rechtfertigt dessen Darstellung in der breiten Medienöffentlichkeit. Ein berechtigtes Informationsinteresse konnte das LG Düsseldorf nicht feststellen. „Die ausschließlich auf Aufmerksamkeitsgewinnung ausgerichtete Darstellung der angegriffenen Aussagen im Artikel der Beklagten, vermag kein das persönlich als Recht des Klägers überwiegendes Informationsinteresse zu begründen“.

Vor diesem Hintergrund ist es auch unerheblich, ob und inwieweit andere Medien ebenfalls berichtet haben. Dies ist im Ergebnis zutreffend. Denn elementare Eingriffe in den thematischen Privatsphärenbereich lassen sich natürlich nicht mit dem Hinweis rechtfertigen, dass eine solche Rechtsverletzung zeitgleich auch von anderen Medien vorgenommen wurde und die Öffentlichkeit dadurch Kenntnis von den privaten Umständen erhalten habe. Dies hätte zur Folge, dass besonders umfangreich, von verschiedenen Blättern publizierte Rechtsverletzungen privilegiert würden. Dies würde den Medien gefallen, spiegelt aber nicht die Rechtswirklichkeit wider. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.