Identifizierende Berichterstattung im Strafverfahren unzulässig. Kammergericht Berlin stärkt Rechte der Beschuldigten in einem Strafverfahren.

Unser Mandant ist niedergelassener Arzt, der sich wegen des Vorwurfes der Nachstellung in Tateinheit mit gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr vor dem Strafgericht verantworten musste.

Die BILD hat den ersten Prozesstag zum Anlass genommen, unter Nennung des akademischen Grades und des initialisierten Nachnamens unseres Mandanten über die erhobenen Vorwürfe zu berichten. In diesem Zusammenhang wird auch von einem angeblichen Liebesverhältnis unseres Mandanten berichtet, geschildert, dass er versucht habe, in eine fremde Wohnung einzudringen und weiter, dass er einer Frau mit dem Tode bedroht haben soll, wenn diese nicht auf seine Forderungen eingehe. Von Verfolgungsfahrten wird ebenso berichtet wie davon, dass er das Fahrzeug einer Verkehrsteilnehmerin mit seinem Fahrzeug gerammt haben soll.

Der Beitrag ist mit einem Bildnis unseres Mandanten illustriert. Das Bildnis wurde im Gerichtsflur aufgenommen. Das Gesicht ist von einem weißen Mundschutz bedeckt. Die Augenpartie war zusätzlich mit einem schwarzen Balken verdeckt.

Axel Springer wurde abgemahnt und aufgefordert, es zu unterlassen, identifizierend über das Strafverfahren zu berichten. Ferner sollte Axel Springer es unterlassen, bestimmte Äußerungen zum Inhalt des Strafvorwurfs zu wiederholen.

Axel Springer hat sich zwar dazu verpflichtet, über das Strafverfahren nicht mehr identifizierend zu berichten und auch das Bildnis unseres Mandanten nicht erneut zu veröffentlichen. Sie hat sich aber aus welchen Gründen auch immer geweigert, die einzelnen Äußerungen zum Strafvorwurf und zum Liebesverhältnis zukünftig nicht mehr aufzustellen.

Das Landgericht hat den Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung abgewiesen. Zutreffend hat es zunächst festgestellt, dass unser Mandant trotz Mundschutz und Augenbalken und des abgekürzten Nachnamens erkennbar dargestellt wurde. Ein Unterlassungsanspruch sei dennoch nicht begründet. Da die BILD nämlich erklärt habe, zukünftig über da Strafverfahren nicht mehr identifizierend zu berichten, sei unser Mandant zukünftig auch nicht erkennbar dargestellt und von einer Berichterstattung, die die streitgegenständlichen Darstellungen wiederholt, nicht betroffen.

Das Kammergericht hat auf unsere Beschwerde hin den Beschluss des Landgerichts wieder aufgehoben und BILD antragsgemäß zu Unterlassung verurteilt.

Die Abgabe der Erklärung, nicht mehr identifizierend über das Strafverfahren zu berichten, deckt nicht den Gegenstand der mit dem Verfügungsantrag geltend gemachten Ansprüche. Zwar habe sich die BILD dazu verpflichtet, über unseren Mandanten nicht mehr identifizierend zu berichten. Zu den streitgegenständlichen Äußerungen hat sie sich allerdings nicht geäußert und eine Unterlassungserklärung nicht abgegeben. Die Erklärung der Gegenseite stimmt daher mit der im Abmahnschreiben geforderten Unterlassungserklärung nicht überein. Da Streitgegenstand der geltend gemachten Unterlassungsansprüche nicht mit dem Streitgegenstand der abgegebenen Unterlassungserklärung übereinstimme, ist die Wiederholungsgefahr entgegen der Einschätzung des Landgerichts auch nicht weggefallen.  (Die Entscheidung ist – Stand 13.10.2021 – nicht rechtskräftig).