OLG Hamburg: Keine Aufhebung einer einstweiligen Verfügung wegen veränderter Umstände nach § 927 ZPO vor Rechtskraft. Wie richtig die Entscheidung ist: BGH lässt die Revision aufgrund unserer Nichtzulassungsbeschwerde nämlich zu.

 

Unser Mandant hat sich bei einem Skiunfall schwere Kopfverletzungen zugezogen. Seit dieser Zeit spekuliert u.a. auch der Burda Senator Verlag über den Gesundheitszustand unseres Mandanten. In der Ausgabe Nr. 25 vom 15.06.2016 geht er u.a. der Frage nach, „Fährt er schon wieder Auto?“ Ferner behauptet er in Bezug auf unseren Mandanten, dass dieser „auf seinem Anwesen Ausflüge in einem Auto unternimmt, das von einem Chauffeur gelenkt wird“. U.a. wegen dieser Behauptungen haben wir eine einstweilige Verfügung erwirkt. Im anschließenden Hauptsacheverfahren hat das Oberlandesgericht Hamburg das Urteil der Vorinstanz aufgehoben und die Klage zurückgewiesen. Die Frage nämlich, ob unser Mandant im Park mit dem Auto fahre, stelle, so das OLG Hamburg, „das Aufwerfen einer allgemein gehaltenen Frage“ dar. Die Behauptung, unser Mandant würde auf seinem Anwesen Ausflüge in einem Auto unternehmen, sei „eine allgemein gehaltene Information“ und nicht zu beanstanden. Die Revision wurde nicht zugelassen. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig, da hiergegen Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH eingelegt wurde.

Dessen ungeachtet hat der Burda Verlag unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Kammergerichts (KG Urt. v. 26.11.2020 Az.: 6 U 136/19 = AfP 1/2021 S. 49 f), bereits wenige Tage nach der Entscheidung des OLG Hamburg die Aufhebung der einstweiligen Verfügung wegen veränderter Umstände gemäß § 927 ZPO beantragt. Zur Begründung wurde sinngemäß vorgetragen, die Nichtzulassungsbeschwerde habe ohnehin keine Aussicht auf Erfolg, weswegen die Verfügung auch dann schon aufgehoben werden müsse, wenn noch keine Rechtskraft eingetreten sei. Dem war nicht zu folgen.

Zwar ist unbestritten, dass die Aufhebung einer einstweiligen Verfügung wegen veränderter Umstände u.a. dann beantragt werden kann, wenn die Hauptsacheklage rechtskräftig abgewiesen wurde. Es wird zudem die Auffassung vertreten, die Aufhebung könne auch dann beantragt werden, wenn ein Rechtsmittel „offenkundig aussichtslos“ sei, wovon beispielsweise bei Verfristung auszugehen ist (vgl. OLG Düsseldorf v. 20.06.2007 -12 O 175/07). Vorliegend jedoch war die Rechtskraft des Senatsurteiles nicht eingetreten und die Hauptsacheklage eben noch nicht rechtskräftig abgewiesen. Eine andere Entscheidung ist auch nicht deswegen veranlasst, weil die Antragsgegnerin der Nichtzulassungsbeschwerde unseres Mandanten verständlicher Weise keine überwiegenden Erfolgsaussichten beimisst. Dies führt indes nicht zur Aufhebung der einstweiligen Verfügung, zumal es unter Berücksichtigung der Selbstständigkeit von Eil- und Hauptsacheverfahren dem Zweck des Eilrechtsschutzes zuwider liefe, wenn die Aufhebung der Verfügung bereits aufgrund eines nicht rechtskräftigen Hauptsache-Titels möglich wäre. Das HansOLG beurteilt dies ebenso und hat in seinem entsprechenden Hinweisbeschluss ausgeführt:

 „Solange noch nicht endgültig über das Bestehen oder Nichtbestehen der Ansprüche des Berufungsbeklagten entschieden worden ist, sind noch keine anderen Umstände eingetreten, die die Aufhebung der einstweiligen Verfügung rechtfertigen könnten. Gerade weil es bei den hier streitigen Ansprüchen um solche geht, bei denen jeweils verfassungsrechtlich geschützte Rechtspositionen gegeneinander abzuwägen sind, kann […] eine hinreichend sichere Prognose über den Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht getroffen werden“.(HansOLG v. 20.10.2020,  7 U 69/17)

Die Aufhebungsklage hat es unter Bezugnahme auf seine Ausführungen im Hinweisbeschluss abgewiesen und ergänzend darauf ausgeführt, dass die Entscheidung des KG Berlin, die der BURDA Verlag im Nachgang zu dieser hier besprochenen Entscheidung in der AfP 1/2021 S. 49 f zur Veröffentlichung gebracht hat, keine andere Beurteilung rechtfertige:

„Selbst wenn man den rechtlichen Erwägungen des Kammergerichts […] folgen wollte, käme man hier zu einem anderen Ergebnis; denn die Sachlage ist hier anders als in dem Fall, der dem genannten Urteil zu Grunde liegt. Das Kammergericht hat den Widerstand des dortigen Aufhebungsbeklagten […] deshalb als unbegründet angesehen, weil er gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Berufungsgerichts im Hauptsacheverfahren keine Beschwerde eingelegt hat und das Aufhebungsverfahren erst für erledigt erklärt hat, als die Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde abgelaufen war“ (HansOLG v. 08.01.2021 – 7 W 71/20)

Zu den Kosten:

Der Streitwert des Aufhebungsverfahrens wurde entsprechend des Wertes des Verfügungsverfahrens festgesetzt. Eine Streitwertbeschwerde hatte keinen Erfolg.

Nachtrag:

Entgegen der Einschätzung von BURDA hatte die Nichtzulassungsbeschwerde Erfolg. Der BGH hat die Revision mit Beschluss vom 09.03.2021 zugelassen.

Keine Wegbeschreibung bei Google Maps! DAMM I Rechtsanwälte setzt Anspruch auf Auslistung gem. § 17 DS-GVO gegen Google durch

Google hält neben dem bekannten Suchmaschinendienst auch den Online-Kartendienst „Google Maps“ (www.google.de/maps) bereit, der die Erdoberfläche in einer Karten- oder Satellitenansicht verbildlicht, Routenplanungen ermöglicht und Standorte markiert. Unsere Mandanten mussten feststellen, dass bei einer auf die Insel Mallorca bezogenen Eingabe u.a. des Suchbegriffs „Name unseres Mandanten“, in dem unter ww.google.de/maps abrufbaren Online-Kartendienst, neben der konkreten Adresse des Ferienhauses unseres Mandanten auch gleichsam ein passender Kartenausschnitt nebst passabler Wegbeschreibung angezeigt wurde.

Die durch Google Maps erfolgte Bekanntgabe der Adresse unseres Mandanten sowie der Wegbeschreibung stellte eine unrechtmäßige Verarbeitung personenbezogener Daten i.S. Art. 4 Nr. 1 DS-GVO dar, war ohne entsprechende Erlaubnis rechtswidrig und begründet einen Anspruch auf Löschung nach Art. 17 Abs. 1 lit. d DS-GVO (vgl. EuGH NJW 2019, 3499 – Google/CNIL).

Zur Erläuterung: Nach Art. 17 Abs. 1 lit. d DS-GVO steht jedem das Recht zu, von dem verantwortlichen Datenverarbeiter und somit auch von Google zu verlangen, dass die ihn betreffenden personenbezogenen Daten unverzüglich gelöscht werden, sofern die personenbezogenen Daten unrechtmäßig verarbeitet wurden.

Diese Voraussetzungen waren vorliegend erfüllt. Nach der Feststellung, dass unsere Mandanten in die streitgegenständliche Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten selbstverständlich nicht eingewilligt haben, war im Rahmen der gebotenen Abwägung, das Recht unserer Mandanten auf Schutz ihrer personenbezogenen Daten gem. Art. 8 GRCh sowie ihr Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens gem. Art. 7 GRCh und Art. 8 EMRK mit dem Interesse, die Adresse unseres Mandanten gegenüber der Öffentlichkeit bekannt zu geben und dieser auch eine Wegbeschreibung zum Haus unserer Mandanten bereitzustellen, abzuwägen. Da vorliegend nicht festzustellen war, dass die Verwendung der personenbezogenen Daten etwa zur Wahrung der berechtigten Interessen von Google erforderlich war, wovon in dieser Konstellation nahezu regelmäßig auszugehen ist, überwogen die Interessen an der Beachtung ihrer Grundfreiheiten und war die Bekanntgabe der Adresse und der Wegbeschreibung rechtswidrig.

Aus dem insoweit rechtswidrigen Verhalten folgt nicht allein das Recht auf Löschung, sondern auch ein Anspruch auf Unterlassung der Verarbeitung personenbezogener Daten auch für die Zukunft. Die Unterlassung der Verarbeitung in der Zukunft ist als Teil der Löschung i.S.d. Art. 17 Abs. 1 DS-GVO zu verstehen (LG Frankfurt a.M., Urteil v. 28.06.2019 – 03 O 315/17).

Unter Beachtung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (war Google hinsichtlich der geografischen Reichweite der Maßnahmen nach Art. 17 Abs. 1 DS-GVO verpflichtet, die Auslistung in allen mitgliedsstaatlichen Versionen der entsprechenden Suchmaschine vorzunehmen. Eine Begrenzung auf das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt nicht. Der Eintrag wurde nunmehr entfernt.

 

DAMM I Rechtsanwälte lässt Berichterstattung über angebliche Verlobung verbieten. LG Köln: Verlobung ist privat.

Unsere Mandantin ist eine bekannte Sportlerin, die auf Facebook ein eigenes Profil unterhält und dort in ihrem „Status“ vermerkt hat, liiert zu sein, was unstreitig der Wahrheit entspricht und auch von Dritten bereits öffentlich bestätigt wurden.

Die Bauer Xcell Media Deutschland KG (Bauer Xcell) betreibt unter ww.intouch.wunderweib.de ein Onlinemagazin. Dort hat Bauer Xcell zwei Beiträge veröffentlicht und darin – im wording unterschiedlich – behauptet, unserer Mandantin sei mit ihrem Freund verlobt. Unter Bezugnahme auf diese Behauptung wurde in den Beiträgen u.a. darüber spekuliert, ob bald Traumhochzeit gehalten werde, sich unsere Mandantin und ihr Freund das Jawort geben werden und auch darüber, dass die Hochzeit am 01.08.2021 stattfinden könne.

Diese Berichterstattung verletzt die Privatsphäre unserer Mandantin (und natürlich auch die ihres namentlich genannten Freundes) und ist rechtswidrig.

Zur Privatsphäre gehören solche Lebensumstände des Einzelnen, zu denen andere nur Zugang haben, soweit ihnen dieser Zugang explizit gestattet wird. Das sind solche Darstellungen, die wegen ihres Informationsinhaltes typischerweise als „privat“ eingestuft werden. Was den Medien im Eifer des Gefechts mitunter aus dem Blick gerät: Die Privatsphäre gewährt dem Einzelnen die Möglichkeit, private Lebensumstände aus einer wie auch immer gearteten kommentierenden und/oder redaktionellen Beobachtung herauszuhalten und diese Lebensumstände in vertrauter Privatheit ausschließlich mit den Personen zu teilen, denen der Einzelne bewusst und selbstbestimmt Zugang zu diesen Lebensumständen gewährt. Dieser Schutz stellt eine Grundfeste des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar.

Fehlte es hier an einem Schutz vor Kenntniserlangung anderer, wären die Auseinandersetzungen mit sich selbst, die unbefangene Kommunikation unter Nahestehenden […] beeinträchtigt oder unmöglich […]“. (BGH VI ZR 26/11 – Juris Rz. 10)

Die Mitteilung, sich zu verloben bzw. verlobt zu haben, die typischerweise zunächst gegenüber dem engsten Familien- und Freundeskreis erfolgt, ist als Ausdruck einer privaten, lebenswegweisenden Planung eines gemeinsamen partnerschaftlichen Miteinanders, zweifellos der Privatsphäre zugeordnet. Sie ist ein wechselseitiges Heiratsversprechen und damit privater Schlüsselmoment einer Partnerschaft. Die Verlobung erfolgt typischerweise in einem Augenblick, geprägt von hoher emotionaler Privatheit und Spannung und gehört damit sogar dem inneren Kernbestand der Privatsphäre zu.

Dies beurteilt auch das LG Köln so. Es hat die Auffassung verworfen, die Berichterstattung über eine (angebliche) Verlobung, sei wie die Mitteilung über eine Heirat, der Sozialsphäre zugeordnet, woraus sich zu Lasten der Betroffenen eine nur geringerer Schutzintensität ergeben würde.

„Zwar betrifft die Mitteilung, dass eine Person verheiratet ist, lediglich die Sozialsphäre. […] Neben einem Treuebekenntnis der Ehegatten bewirkt die Eheschließung die Erlangung bestimmter Rechtspositionen in der sozialen Gemeinschaft und wird durch einen staatlichen Akt mit Außenwirkung vollzogen. Vorliegend wird jedoch die der Eheschließung vorausgehende Verlobung thematisiert, die nicht durch einen staatlichen Akt mit Außenwirkung vollzogen wird“.

Den Einwand der Selbstöffnung, die durch die Anmerkung auf Facebook, liiert zu sein,  erfolgt sein soll, hat das LG Köln zutreffend verworfen. Die bekannte Tatsache, dass unsere Mandantin in einer Beziehung lebt, könne nicht die Berichterstattung über eine (angebliche) Verlobung rechtfertigen. (LG Köln 28 O 62/21 n.rkr.)