Schon wieder Eike Immel. Ist es OK, dass die BILD unter der Überschrift:“ STRAFANZEIGE GEGEN EUROPAMEISTER | Eike Immel wird Betrug vorgeworfen“ erneut über den ehemaligen Fußballprofi berichtet, dem ein Bekannter 49-fachen Betrug vorwirft? Natürlich nicht!
Die BamS hatte bereits hierüber berichtet und sich von einem ehemaligen Bekannten von Eike Immel schildern lassen, wie er angeblich von diesem betrogen wurde. Und zwar bereits zu einem Zeitpunkt als er noch nicht einmal Strafanzeige erstattet hatte. Schon diese Berichterstattung war grob rechtswidrig und begründete nach unserer Einschätzung einen Anspruch auf Geldentschädigung.
Die BILD hat in dem „Fall Immel“ nun unter der Überschrift „Eike Immel wird Betrug vorgeworfen“ nachgelegt und die mittlerweile erfolgte Erstattung der Strafanzeige zum Anlass genommen, mitzuteilen, Immel sei „wegen Verdachts des 48-fachen, fortgesetzten Betruges bzw. des gewerbsmäßigen Betruges nach §263 StGB in Höhe von 19 350 Euro“ angezeigt worden. Zum angeblichen Tathergang übernimmt die BILD aus der Strafanzeige des Ex-Bekannten: „Der Eike Immel (…) hat unter Vortäuschung von frei erfundenen Geschichten sich in 48 Fällen im Zeitraum zwischen dem 27.7.22 und dem 11.1.23 Einzelbeträge im Rahmen zwischen 80 Euro und 1000 Euro geliehen, ohne zu beabsichtigen oder in der Lage zu sein, diese zurückzahlen zu können.“ .
Auch dieser Beitrag verletzt die Grundsätze einer zulässigen Verdachtsberichterstattung und ist rechtswidrig. Wir hatten bereits ausgeführt, dass die Berichterstattung über den Verdacht eines Fehlverhaltens, der Reputation des Betroffenen großen Schaden zufügen kann. Es bleibt immer etwas hängen, selbst wenn sich der Verdacht als unbegründet herausstellt. Daher verlangt die Rechtsprechung ein hohes Maß an Umsicht und die Beachtung strenger Sorgfaltsanforderungen. Es gilt, einen Betroffenen davor zu schützen, zu Unrecht oder in einem unvertretbaren Maße stigmatisiert zu werden. Es darf in keinem Fall zu einer Vorverurteilung kommen und ist die Unschuldsvermutung zu Beachten. Es darf nicht der unzutreffende Eindruck erweckt werden, der Betroffene sei der ihm vorgeworfenen Handlung bereits überführt“ (BGH Az.: VI ZR 80/18). Außerdem müssen ausreichende Tatsachen zusammengetragen werden, die den Verdacht plausibel machen und für den Wahrheitsgehalt des Verdachts sprechen (Beweistatsachen).
Vorliegend ist die Berichterstattung bereits deswegen rechtswidrig, als die BILD nicht auf einen Mindestbestand an Beweistatsachen verweisen kann. Sie stützt den Verdacht ausschließlich auf die Schilderung des angeblichen Tatopfers.
Das ist deutlich zu wenig. Es ist nämlich nicht ausreichend, sich zur Rechtfertigung zur Erhebung der schwerwiegenden Vorwürfe allein auf die Aussage des angeblich geschädigten Ex-Bekannten zu stützen und sich von diesem die angeblichen Verfehlungen in die Feder diktieren lassen. Auch der Umstand, dass das angebliche Opfer nun Strafanzeige erstattet hat, führt zu keinem anderen Ergebnis:
„Die bloße Tatsache der Erstattung einer Strafanzeige reicht in der Regel nicht aus, einem Presseorgan das Recht zu geben, hierüber und über die erhobenen Vorwürfe zu berichten. Da eine Strafanzeige ungeprüfte Vorgänge betrifft, muss damit gerechnet werden, dass sich die Vorwürfe nicht beweisen lassen oder sich gar als unrichtig herausstellen. Diese Möglichkeit hat auch die Presse zu beachten“ (LG Düsseldorf AfP 1995, 500-503). Abgesehen davon ist die Bezugnahme auf lediglich eine einzige Quelle regelmäßig nicht ausreichend, um den Anforderungen an die Sorgfaltspflichten zu genügen (vgl. LG Berlin, Urteil vom 07.12.2000, Az.: 27 O 506/00).
Da sich die BILD vorliegend nur auf eine Quelle, noch dazu lediglich auf die Aussage des vermeidlichen Tatopfers stützt, sind die Anforderungen an die Qualität und Quantität von Belegtatsachen nicht erfüllt und die Berichterstattung bereits aus diesem Grund rechtswidrig.
Daneben ist die Berichterstattung vorverurteilend. Es werden keinerlei entlastende Merkmale geschildert. Der Leser hat nicht den geringste Zweifel, dass die geschilderten Vorwürfe zutreffend sind. Insofern stellt die Berichterstattung zudem auch eine eklatante Verletzung der Unschuldsvermutung dar. Schließlich hat die BILD keine Stellungnahme von Eike Immel abgedruckt.